Hochsensibilität - Bitte was?

Veröffentlicht am 6. August 2022 um 19:00

In meinem ersten Blog-Beitrag möchte ich genauer auf das Thema "Hochsensibilität" eingehen. Hochsensibilität, ein Begriff der auch in der Medienwelt immer mehr Anerkennung erhält. Meiner Meinung nach sind aber viele Medientexte über das Thema negativ behaftet, was mich teilweise stutzig macht. In meinem Blog-Beitrag möchte ich deshalb aufklären, was Hochsensibilität - vs. Hochsensitivität aus meiner Sichtweise bedeutet und zeigen, dass es eine Gabe und nicht nur eine "Last" ist. Dazu stütze ich mich zum einen auf die Pionierin Dr. Elaine N. Aron sowie meine Lieblingsautorin Anne Heintze ab. Für weitere Fragen - gerne auch bei mir in einem Coaching. 

Was ist Hochsensibilität?

*Anmerkung zum Text: Ich kürze einfachheitshalber den Begriff "Hochsensibilität" mit HSP = Hochsensible Persönlichkeit ab.

Gibt man bei Google den Suchbegriff "Hochsensibilität" ein, so erscheinen innert wenigen Sekunden rund 952'000 Ergebnisse. Von der Definition HSP bis hin zu Selbsttests findet man nahezu alles. Laut Wikipedia ist eine HSP jemand, der eine intensive Wahrnehmungsfähigkeit von Sinneseindrücken und Empfindungen im innen wie im aussen besitzt. Einfach und kurz erklärt, nimmt eine HSP Schmerzen, Licht, Lärm und Nahrung intensiver als andere Personen wahr. Z.b. hört eine solche Person in einem Restaurant nicht nur das laufende Gespräch, sondern gleich noch was die Leute am Nebentisch besprechen. Dass dies manchmal alles zu viel werden kann und es zu Reizüberflutung kommt, ist wohl selbsterklärend. In unserer Gesellschaft sind geschätzt 20% hochsensibel. Die Hochsensibilität zählt zu den Charaktereigenschaften einer Person, wie z.b. auch "Gewissenhaftigkeit" zu einer Charaktereigenschaft zählt. Somit ist eine hochsensible Person nicht "Krank" oder "Psychisch gestört".

 

Kleine Auflistung - Merkmale der Hochsensibilität 

- starke Schmerzwahrnehmung
- Perfektionismus
- ausgeprägte Kreativität / Ideenreichtum
- hohe Begeisterungsfähigkeit
- starke Beeinflussbarkeit durch die Stimmung anderer Menschen
- ausgeprägter Gerechtigkeitssinn
- Grossstadtrummel überfordert dich?
- Detaillierte Selbstreflexion und langer emotionaler Nachklang des Erlebten
- Harmoniebedürfnis

... (Liste nicht abschliessend)

 

Definition nach Dr. Elaine Aron & die Forschung:

Der Begriff der "Hochsensibilität" entstand erst so richtig in den 90er Jahren durch die wohl bekannteste Pionierin Dr. Elaine Aron (amerikanische Psychologin). Nach Elaine Aron umschreibt die Hochsensibilität die Besonderheit der intensiven Reizverarbeitung im Nervensystem. Elaine Aron fasste folgende Indikatoren für Hochsensibilität mit der Abkürzung DOES zusammen (Böttcher, 2014):

 

D -> Depth of Processing (Verarbeitungstiefe von Informationen)

O -> Easily Overstimulated (Schnelleres Erreichen der persönlichen Reizschwelle)

E -> Emotional Reactivity and High Empathy (Emotionale Berührbarkeit)

S -> Sensitivity to Subtle Stimuli (Bewusstsein und Wahrnehmung von Feinheiten)

 

E. Aron zeigte auf, dass mind. 30% der Hochsensiblen extrovertiert sind und widerlegte somit den Glaubenssatz, dass eine hochsensible Person zwangsläufig schüchtern und introvertiert sein muss. Forschungsgruppen stellten auch fest, dass die Entwicklung von hochsensiblen Kindern stark davon abhängt, in welchem Umfeld sie aufwachsen (Familiensituation, Erziehung, Akzeptanz der HSP -> ungünstige Bedingungen = Tendenz höher für psychische Krankheiten). 

 

Extra- / Intravertierte HSP

Wie aus dem obigen Text, E. Aron, hervorgeht. Muss eine HSP nicht zwangsläufig introvertiert sein. Es gibt genauso Personen, die sich super gut erholen, wenn sie in Gesellschaft sind. Trotzdem bleibt auch für diese HSP der Aspekt der "RUHE" und des "Rückzugs" von Zeit zu Zeit notwendig.

 

Überreizung bei HSP

Warum überhaupt reagieren hochsensible so stark auf die ganzen Reize? Jeder Mensch verfügt über gewisse "Reizfilter". Jeden Tag erreichen uns hunderte von Informationen. Normalerweise erreicht unser Wach-Bewusstsein jedoch nur ein Teil dieser Informationen. Der Rest wird durch Filter aussortiert. Aber genau diese Filter sind bei HSP durchlässiger, was dazu führt, dass diese Personen mehr wahrnehmen als andere. Unser Bewusstsein fängt daraufhin an hin und her zu springen und schon landet man in Stress / Überreizung. Deshalb ist es ja für HSP so wichtig, eine Reizminderung zu schaffen um gesund zu bleiben. Wie dir das gelingt? Da gibt es diverse Möglichkeiten, Meditation- Achtsamkeit sind nur zwei davon - mehr erfährst du gerne bei mir in einem Coaching oder in weiteren Berichten bei Interesse. 

 

Hoch X - nach Anne Heintze

Meine Lieblingsautorin Anne Heintze unterteilt die 3 Hoch -X wie folgt: Hochsensibilität - Hochsensitivität - Hochbegabt. 

Kurz zusammengefasst könnte man sagen, dass die Sensibilität die Wahrnehmung der 5 Sinne betrifft, die Sensitivität eher die "atmosphärische" Ebene (heisst: dass Stimmungen im Raum wahrgenommen werden) während die Hochbegabung die vielen Interessen / ständig neue Reize suchende Persönlichkeit zeigt. Wer detaillierter dazu wissen möchte, lese einfach weiter unten nach. 

 

Hochsensibilität vs. Hochsensitivität

Während meiner Recherchen zur genauen Definition der Hochsensibilität stiess ich auf den Begriff "Hochsensitivität". Die Autorin Anne Heintze erwähnt in ihrem Buch "Aussergewöhnlich NORMAL", dass diese Sensitivität lange vor E. Aron beschrieben wurde (u.a. von Rudolf Steiner im Jahr 1916, Eduard Schweingruber 1945). Dabei erwähnt sie auch einige Intelligenzformen, auf die ich hier jedoch nicht genauer eingehen werde. Zusammenfassend lassen sich die beiden Formen wie folgt umschreiben:

Hochsensibilität = beschreibt die stark ausgeprägte Wahrnehmungsebene über die körperlichen Reizwahrnehmungen mit allen fünf körperlichen Sinnen (bsp. gute Musiker - da feines Gehör). Duftlampen, grelles Licht können für diese Menschen schnell zu intensiv werden (so z.b. reagieren sie mit Kopfschmerzen auf nicht-echt-ätherische Öle). 

Hochsensitivität = bezieht sich mehr auf die Bereiche Hellsichtigkeit, Hellhörigkeit und Hellfühligkeit. So fühlen sich diese Personen stark zur Philosophie, Metaphysik und Spiritualität hingezogen. Mit ihrem starken empathischen Einfühlungsvermögen ist es ihnen ein leichtes sich in andere Personen hineinzuversetzen (bsp. gute Schauspieler). Schwingungen in Räumen (positive/negative Atmosphäre in einem Raum) wird von ihnen rasch erfasst. 

 

Hochsensibilität und Hochsensitivität können, müssen aber nicht, gemeinsam auftreten. Während Hochsensible mit ihrer Empfindsamkeit umgehen lernen müssen und ihre Ruhezeiten beachten sollten, dürfen Hochsensitive lernen ihre Wahrnehmungen als Gabe zu sehen und dass sie nicht "verrückt" sind. 

 

Hochbegabung

In der Definition wird von Anne Heintze noch ein dritter Teil angefügt, nämlich die Hochbegabung - wie sie es auch gerne nennt "die Vielbegabten". Darunter fallen (erwähne es nur kurz zur Abschliessung des Beitrages) die Scanner-Persönlichkeiten, die High-Sensation-Seeker, (Inselbegabte -Savants und Asperger Autisten). Sie erwähnt, dass die Hochbegabung oft mit einem IQ über 130 gleichgesetzt wird. Meiner Meinung nach, ist dies jedoch nicht aussagekräftig genug, da jeder Sensible an starken Tagen weit über diesen Wert kommen kann, während er an schwächeren Tagen weniger erreicht. 

 

Scanner-Persönlichkeit = eine der bekanntesten Autorinnen zu dem Thema "Scanner-Persönlichkeit" ist Barbara Sher. Scanner-Persönlichkeiten sind kreative Wesen und haben eine unbändige Neugier auf diverse Themen. Sie haben tausend Ideen und würden am liebsten alle gleichzeitig umsetzen, worin sie sich auch gerne verzetteln. :) Auf die Scanner-Persönlichkeit gehe ich in einem separaten Beitrag näher ein und wenn du hierzu mehr Infos möchtest, frage mich gerne an. Da ich selbst eine wahre Scanner-Person bin, weiss ich wie schwierig es manchmal sein kann, bei einer Sache zu bleiben und diese auch abzuschliessen. So werden wir gerne als Sprunghaft wahrgenommen. In einer Welt wo alles hin zu Spezialisierung geht, nicht immer einfach für den Scanner. 

 

High Sensation Seeker = Personen, die dem High Sensation Seeker entsprechen sind ständig auf der Suche nach intensiven Gefühlen, wollen interessante Entdeckungen und viele neue Erfahrungen machen. So bevorzugen sie Sportarten wie z.b. Bungee Jumping etc., die Nervenkitzel beinhalten.  

 

Der Unterschied zwischen dem High Sensation Seeker und einer Scanner-Persönlichkeit besteht v.a. darin, dass der High Sensation Seeker besonders dem Kitzel des immer wieder Neuen verfallen ist, während beim Scanner eher die Neugier der noch nicht ausgelebten Anteile (seiner Begabungen) im Vordergrund steht. So kann ein High Sensation Seeker sehr wohl in einer Sportart Schwerpunkte setzen und sich darin vertiefen, während der Scanner immer wieder seine Bandbreite leben möchte und deshalb verschiedenen Sportarten nachgehen wird. 

 

Hochsensibilität und Süchte / Essstörung

Wie können Süchte / Essstörung und Hochsensibilität zusammenhängen? Durch die vielen Reize, die tagtäglich auf uns Menschen einfliessen, ist es wichtig, dass v.a. eine HSP für genügend Reizminderung sorgt. Dazu zählt: eine gesunde Abgrenzung, Sport, Natur, Tiere, Meditation und viele mehr (je nachdem was dir persönlich hilft). Doch leider tendieren auch viele HSP dazu, sich in Süchten zu verlieren. Von Essstörungen bis hin zur Alkoholsucht / Einkaufssucht kann sich alles zeigen. Deshalb ist es so wichtig, seine sensible Seite anzunehmen, seinen Bedürfnissen gerecht zu werden. Nur so erreichst du dein volles Potential und dieses ist echt enorm.

Die sensible ader zeigt sich...

Im folgenden Teil möchte ich mal aufzeigen, wie sich das Phänomen der Hochsensibilität zeigen kein.

 

"Kira betritt das Büro und merkt sofort, dass etwas nicht stimmen konnte. Was war nur los, fragte sie sich. Irgendwie war sie heute so komisch traurig, dabei ging sie doch ganz fröhlich von zu Hause los. Da Kira von ihrer hochsensiblen Art jedoch weiss, wird ihr rasch klar, dass es einem Teamkollegen im Büro schlecht gehen musste. Sie konnte nur noch nicht genau sagen, wer oder was es war. Um 9 Uhr in der Kaffeepause als Lino, Kerstin und Kira beim Pausenbrot sassen, erzählte Lino von seinem Wochenende: ,,Ich sags euch, ich bin so froh, kann ich heute hier sein. Miranda (seine Frau) hat mir das ganze Wochenende eine Szene gemacht, nur weil ich nicht wie besagt um 11 sondern erst um 12 Uhr zu Hause war. Ich glaube langsam, sie ist krankhaft eifersüchtig und ich weiss langsam echt nicht mehr weiter. Die braucht glaube ich psychologische Hilfe und mir geht das Ganze auch langsam an die Nerven. Seit einem Jahr treibt sie mich jedes Wochenende in die Ecke - ich kann nicht mehr Leute. Sollte ich also euch gegenüber mal ausrufen, hat es nix mit euch zu tun." Kerstin nickt bemitleidend zu Lino und Kira wusste nun endlich, woher ihre innere Unzufriedenheit und Unruhe stammte...."

 

Bei diesem Ausschnitt wird auch klar, wie wichtig das Thema "Abgrenzung" in der Hochsensibilität ist! Dafür gibt es einige Übungen und Naturmittel/Rituale, die dabei helfen können. Bei Interesse - gerne in einem persönlichen Coaching.

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